Schnipsel

Paul Auster - Mond über Manhattan

Eine Besprechung von Werner Friebel


Der Plot ist im Manhattan der 60er Jahre angelegt. Der verwaiste Held der Geschichte, M.S. Fogg, kommt zu Beginn seiner Studienzeit nach New York. Als er seine scheinbar letzte familiäre Bezugsperson, seinen Onkel Victor, durch dessen Tod verliert, stürzt er in ein anonymes, leidvolles Vegetieren als Stadtstreicher ab. Er lernt Kitty kennen, deren Liebe ihn aus dem Sumpf zieht und seine Eigenverantwortung weckt, so daß er einen Job als Pfleger und Adjundant bei einem blinden, schrulligen alten Herrn annimmt.
Mag dieser Einstieg in die Geschichte etwas rührselig anmuten - Auster seziert das Auf und Ab seines Helden bis ins Detail ohne Kitschblasen und entwickelt dessen Psychogramm bei der Suche nach sich selbst.
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Hier setzt nun das erzählerische Verwirrspiel von seltsamen Ereignissen und geheimnisvollen Andeutungen über die Herkunft des Helden an. Nach und nach gibt der alte Herr eine Geschichte preis, die sich als Folge von Kettenreaktionen dadurch entwickelt, dass die ins Spiel tretenden Personen meist zur falschen Zeit am rechten Ort waren. Aus der vagen Ahnung, dass die Geschichte etwas mit ihm selbst zu tun haben könnte, wird für M.S. Fogg schließlich Gewissheit.
Der Autor führt seinen Helden und die Leser bewusst am roten Faden durch dieses Labyrinth der Zufälligkeiten, um schließlich äußerst raffiniert den Kern der Wahrheit heraus zu schälen.

Paul Auster gelingt es dabei, mit flüssiger Schreibe und hintersinnigem Humor locker Grundthemen postmoderner Philosophie zu variieren: Die Befreiung des Selbstbildes von der Meinung anderer und die Überwindung der Angst vor Einsamkeit durch Bewusstwerdung von Lebensdetails.
Ein ganz famoses Leseerlebnis...

rororo - TB
382 Seiten
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