Schnipsel

Jim Crace - "Ein Mann, eine Frau und der Tod"

Eine Besprechung von Dieter Löckener


Zu Beginn steht, ausnahmsweise mal, der tragische Tod der Hauptdarsteller. Grausig werden die Zoologen Celice und Joseph in Meeresnähe ermordet.
So liegen sie nun in den Dünen und bieten, erwischt von einem granitbrockenschwingenden Mörder, einen abscheulichen Anblick. Entstellt mit eingeschlagenem Schädel scheint Joseph seine Celice mit einer Fingerspitze noch festzuhalten, mausetot, aber trotzdem in Liebe vereint und weil das Leben weitergeht, dienen sie Käfern, Möwen, Krabben und Schmeißfliegen mit ihren nutzlos gewordenen Überresten als Nahrung.
Damit es Sinn macht, wird das Rad der Zeit zurückgedreht, geschickt gleich doppelt, zum Todestag und darüber hinaus noch mal 30 Jahre zurück in die Siebziger.
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Da machte unser Zoologenehepaar die ersten gemeinsamen Erfahrungen an der Baritonbucht, sexuell und mit einer brennenden Kollegin im geistigen Gepäck. Damals machte Celice in Seetang und Blasenfliege und Joseph in Meeresgrille, nicht der Größte, mit Ausnahme des Singens ist er für (fast) alles zu klein.
Unbeholfen aber a uch unvergessen der erste Liebesakt der Beiden in der Bucht, der 30 Jahre später noch mal wieder aufgelegt werden soll, die Eieruhr des Lebens wird umgedreht und der Sand läuft in die Vergangenheit zurück. Egal was da noch alles folgt, gnadenlos gerade für ältere Leser, zerrt Crace die unvermeidliche Vergänglichkeit des Seins an die oft viel zu gern verschleierte Oberfläche.
Neben dem nicht aufzuhaltenden körperlichen Verfall folgt gleichzeitig das Aussterben des Feuers der Lust. Mit Abnutzung der Freuden des Fleisches bleiben hier nur verklärte Erinnerungen, verbunden mit der gefährlichen Überlegung, ob durch Selbstmord die fallenden Maschen des Lebens aufgehalten werden können.
Ein Mann, eine Frau und der Tod ist kein bequemes Buch, im Gegenteil, je älter die Leser um so mehr wird’s in Mägen und Geist rumoren.

Albrecht Knaus Verlag/Bertelsmann
238 Seiten
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