Schnipsel

Entropie

von Jörg Wiedemann

Wenn der Mond wieder wund
um die Häuser streunt
sein Milchglas
durch offene Gardinen verschüttet
sein stummer Durchschuss
dich urplötzlich aufweckt
willst du nur
irgendwann anders sein
du verstehst nicht
warum niemals der Uhr
zeigersinn sich verkehrt
und die Falte von deiner Stirn fortwischt

Muscheln nuscheln etwas von verlorenen Perlen
die nun angekettet
den Hals der Zeit zieren
dein kleiner Finger schläft
schon wieder ein
du fühlst noch
die Wimper im Auge
bevor eine Wolke sich wie Schorf
über den Mond zieht
und einen Traum als Pflaster aufdrückt
morgen wird er ganz gewiss
die Lippen eines Therapeuten befeuchten.



© Jörg Wiedemann (Berlin 2012)

(Im "Hexenelixier" findet ihr von Jörg Wiedemann zudem "Tiden-Pantum")

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