Schnipsel

5 Skizzen aus dem Unglück

von Frank Schweizer

I.

manchmal träume ich von
einem gruseligen schlitten nur mit schwarzen socken beladen
grundlos schmollenden fledermäusen die hinausfliegen wie bumerangs
düsenjägern die an einer fettigen sonne kleben bleiben
nach luft ringenden brettern im zu engen zaun
mäusen mit keulen die nach katzen schlagen
genussfertigem hasenkot in einer schneematsche liegend
von pilzen die aus dem boden springen und rufen: hier bin ich
einer verrückten oma die mir wind in den pulli stopft
dem blöden knistern von flügeln, wenn die spatzen fliegen
und von einer schnur an deren ende mein gesicht hängt

II.

zuerst zerschlug mir der steinerne hof das porzellan-knie
hundsgemeiner schmerz es blutet wie aus abgeholzten zehen
doch es waren katzen die vom gebälk der welt sprangen
und den wundschleim wie milch leckten
ich dachte katzen kotzen nie gras wenn man's mal braucht
und dann dieses schnurren wie ein ewiger furz
ich bewegte meine gedanken vorwärts
wenn doch alle spatzen explodieren würden mitten in ihre katzenfresse
denn in ihrem wohligen schlabbern liegt etwas böses begraben
doch dann schiss mir eine dohle aufs haupt und alles war gut

III.

Ich bin ein bumperndes Psychoproblem
Viele die mir ähnlich sind
ertränken sich wahllos in Wolga und Dnjepr!
Ich Mensch mit Hirnzeug spiele traurig
Auf nur einem Bongo
im Garten meiner Gehirnwindungen bei tiefer Mitternacht
Wo ich auch bin lass ich ein Wölkchen
Aus Glück und Peinlichkeit zurück
Selbst-Psychowaschmaschinenbetrieb
Ach, mein Ich ist so unrein und so wenig aus
Tofu gemacht

IV.

Liebst du mich
Du Maß globaler Leckerheit von Sahnetörtchen
Der Stahlkautschuck meiner Liebe hält
Mein humanides Verbal-Anästhetikum
Du führst den Zweiwortsatz zu einsamen Glanze
dein Fengshui pfeift wie der Wind
und dein Wan-Tan ist stark und lecker
Bewegst du dich viel? Musst du nicht
Du lässt mich in Speichelüberfluss ertrinken
Ich will dein abgenagtes Backwerkknöchlein sein
Du bist so schön und du solltest dich mit Teeblättern bekleiden
Ach könntest du nur Lauschen wie ich am Leben verzweifle
Und meine Daseinsverschrecktheit immer wieder
Liebe nenne

V.

Nach dem Verlassen des Stuttgarter Waldfriedhofs

Die Seilbahn fährt los und zieht mich hinab
Ins Tal, ins Land der Würstelbuden
Wie schmierig Ergossenes
Du knarrender Engel der Höhe
Du rumpelnder Hassprediger meines Vertrauens
Ich verspeise hungrig meine eigene Morbidität
denn so hinterlass ich keine Spuren
in der Teakholzwundersargmaschine mit Nägeln und Köpfen
Technik fickende Menschen stehen da
diese fröhlichen Zyankaligemüter
Und summen noch fickender
Sie sprechen quarkartig gerührte Worte
Ach ne, es ist nicht schön
Was gäbe ich jetzt für sprudelnden Marzipan
Und eine scharfe Mama in Mauve




© Frank Schweizer (Ostfildern/ Stuttgart 2012)

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