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Schnipsel

Eisige Kälte

von Paula Häni (13 Jahre)


Ich schaue auf. Das Fenster steht offen. Nebel. Es läuft mir eiskalt den Rücken hinunter und dann, plötzlich, fällt ein Schuss. Ein Knall dröhnt durch das Tal in meine einsame Hütte.
Zuerst denke ich gar nicht. Doch es war nur ein kurzer Moment. Wären es zwei Sekunden länger gewesen, wäre ich jetzt tot. Ich stehe auf, laufe, von Panik getrieben, Richtung Tür, reisse sie auf und renne in den eiskalten Schnee hinaus. Erst dann wird mir bewusst was passieren wird.
Ich laufe so schnell ich kann, doch der Schnee scheint mich zurückzuhalten. Der Schweiß läuft an mir herunter. Ich schreie. Das Nichts gibt meinen eigenen Hilferuf zurück, doch endlich scheine ich vorwärts gekommen zu sein.
Als ich kurz danach oben auf der rettenden Erhöhung angekommen bin, und das war keine Sekunde zu früh, rauscht eine Schneelawine an mir vorüber. Erschöpft falle ich um und sehe, wie die Naturkatastrophe mein ganzes Hab und Gut unter sich begräbt. Ich beginne zu frieren und meine Augen beginnen zu tränen.
Nicht nur wegen dem Schmerz, den ich fühle. Nein, auch weil ich gerade eben dem Tod entkommen bin.
Was soll ich machen?? Kein Mensch weit und breit. Da gibt es auch keine Telefonzellen, kein Handy, kein Dorf, in welches man eben schnell laufen könnte. Wieder beginne ich zu weinen. Meine Lage ist so hoffnungslos. Ich will nicht erfrieren, doch will ich wirklich leben??
Die Lawine hat alles weggeblasen. Auch meine Zukunft. Erst dann wird mir klar, ich habe nichts mehr. Sicherlich würde ich eine Unterkunft finden, bei Freunden, Verwanden oder sonst wo. Aber nicht mein Geld oder meine Kleider wurden mir eben weggenommen.
Nein, mir wurde das Herz gestohlen. Das Haus war mein Reich, mein Leben, meine Liebe, und, es ist weg für immer.
Mir wird bewusst: ich will nicht mehr weitermachen. Ich lege mich in den kalten Schnee, die Hände an meinen Oberschenkeln, die Augen geschlossen. Noch einmal überlege ich mir ganz genau was ich mache. Doch ich bleibe liegen, und hoffe, der Schnee und die Kälte werden es schnell beenden. Ich liege da, Sekunde um Sekunde, Minute um Minute.
Lange geschieht nichts, doch dann merke ich, wie die Kälte plötzlich meine Finger in Besitz nimmt. Dann auch meine Füsse. Ich spüre wie die Natur mit ihren Kräften langsam meinen Körper zerfrisst und alles Leben aus ihm saugt. Ich denke an nichts mehr, lasse einfach alles mit mir geschehen. Dann kommt sie, die Leere, die ich mir oft gewünscht hatte.
Ja sie kommt, und, sie wird allem ein Ende setzten. Dem Stress, der Ungewissheit, den Sehnsüchten. Alles wird sie beenden, meine Seele soll weiter leben. Und, wer weiss, vielleicht werde ich die Erde mal wieder besuchen.
In meinem nächsten Leben oder ...... als Engel.
© Paula Häni

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