Warten auf Hertha
Prosaminiatur von Johannes Witek
Der Gschissene, Helga und ich sitzen im Lokal.
Wir warten auf Hertha.
Der Gschissene sagt: "Ist euch schon aufgefallen, dass Kunst
per se nur so lang unsterblich ist, bis man ihren Ursprung
kennt?"
Wir fragen, was er damit meint.
Er sagt: "Zum Beispiel Gloria Gaynor.
Ein Lied, das eine bewältigte Trennung besser verkörpert
als alles andere.
Den Schmerz, die Einsamkeit, den Glauben, nicht ohne den anderen zu
können.
Es dauert endlos. Dann wird es besser. Dann ist es vorbei.
Plötzlich steht man wieder vor dem anderen. Und man denkt,
warum? Eigentlich. Man lacht.
Es ist zum Lachen. Jeder kennt das. Es ist perfekt."
Wir fragen, ja und?
Der Gschissene sagt: "Versteht ihr, aber wenn man den Mann
sehen würde, von dem dieses Lied handelt, dann wäre die
gesamte Wirkung im Arsch.
Ich stelle ihn mir durchschnittlich groß vor, kräftig
gewachsen, bescheuerte Frisur, vermutlich ein Oberlippenbart. Und
das soll der Ursprung dieser alle Gefühle auf den Punkt
bringenden Hymne sein? Versteht ihr? Wisst ihr, was ich
meine?"
Wir sagen, wir wissen, was er meint.
Hertha kommt nicht.
Helga und ich gehen heim.
Wir ficken.
Sie sagt, sie findet es geil, wie hart mein Schwanz ist und wie
meine Eier gegen ihren Arsch klatschen. Sie sagt, sie möchte
dass ich in ihr abspritze, sie möchte es pumpen fühlen
und dann, wie es aus ihr rausläuft.
Aber ich kann nicht.
"Wegen dem Kondom?"
"Wegen dem Kondom."
Es ist nicht wegen dem Kondom.
Am nächsten Tag sitzen wir wieder im Lokal. Wir warten auf
Hertha. Der Gschissene trinkt einen Trawöger Max und fragt, ob
wir die Geschichte dazu kennen.
Wir sagen nein.
Der Gschissene erzählt die Geschichte zum Trawöger Max
und fragt, ob wir auch einen wollen.
Wir sagen nein.
Später gehen wir heim.
Helga sagt, dass sie den Gschissenen nicht lange
durchdrückt.
Ich sage dazu nichts.
Wir ficken.
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Johannes Witek (Salzburg, 2007)
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