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Schnipsel

Joachim Lottmann - "Deutsche Einheit"

Eine Besprechung von Dieter Löckener

Ku'damm, Kantstrasse, Aleanderplatz, wir sind in Berlin. Da ist das Café Hardenberg, bestückt mit Frauen mit stumpfen Augen, die Behindertenpädagogik studieren oder Julia, die trotz ihrer Magersucht noch mit einem kleinen bisschen Brust glänzen kann.
Bekannte Namen werden ins Spiel geschickt, die mehr oder weniger intensiv ins Geschehen eingreifen wie Ernst Jünger, Stalin, Leni Riefenstahl, Ibsen, Brecht, Lao-Tse oder Reich-Ranicki. DDR-Literatur wird angesprochen, genau wie Techno, Stasi, VEB, Vorzeige-Lebensborn-Nazis, BDM-Mädchen, Arier, KZ-Frauen, Holocaust, Hunde-Punks oder Marylin Monroe's unschuldiges Gekicher. Massenhaft spassiger Idiotentalk trifft auf marihuanaangehauchte Meerschweinchen, auch Onkel Hermann ist dabei, das ist der, der so gerne Hitler doubelt.
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Lottmann schmückt normale Angestellte mit Eric-Clapton-Bärten und ist sich darüber im klaren, dass der Schlüssel zur Einheit nur durch das kennenlernen etlicher Ossis ausgehändigt wird. Schon jetzt wird deutlich, dass dieses Buch ultraverrückt im positivsten Sinne ist. Schon der Titel deutet darauf hin, dass jede Seite politisch durchdrungen und gleichzeitig kulturschwanger ist.
In den "wilden" Sechzigerjahren hätte dieser Roman reissenden Absatz gefunden.
Hoffen wir aber auch heute noch auf Unmengen kreuzgescheiter Leser, die diesem ungewöhnlichen Stoff Etliches abringen können und Lottmann verdientermaßen einige Mark ins Säckchen füllen.

Haffmans-Verlag
383 Seiten
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