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Schnipsel

Joanne K. Rowling - "Harry Potter"

Eine Besprechung von Dieter Löckener

potter1.jpg Das hätten sich die in Ehren ergrauten Jugendbuchautoren und ihre Helden von Ivanhoe bis Old Shatterhand & Co. bestimmt nicht träumen lassen, dass da jetzt mit Harry Potter ein kleiner zaubernder Engländer mit Volldampf ins Rampenlicht drängt und ihnen die jahrzehntelang alteingesessenen Ränge abläuft.
Klar, die Freizeitgestaltung hat sich mehr und mehr über das schmökern in Comix in Richtung Computer verändert; zu lange hat, von wenigen Ausnahmen mal abgesehen, die Kinder- und Jugendbuchschreibe im Tiefschlaf verbracht, um so mehr überraschen Rowling's Erfolge.
Nun stolpert jeder, der heutzutage in der Lage ist, ein Buch auch nur zu halten, über Harry, nicht nur national, sondern mindestens weltweit. Muggelbestsellerlisten a la FOKUS oder SPIEGEL kontrolliert die clever vermarktete Autorin mittlerweile von ganz oben, mit den sonnigen Plätzen 1 bis 3 versteht sich, und so geht das schon seit Monaten. Änderungen zeichnen sich in nächster Zeit allerdings dadurch ab, dass sich Band 4 ebenfalls unverhinderbar auf die Poleposition katapultieren wird. Das passiert sehr zum Leidwesen mancher Verfechter "gehobener Literatur", die, weil sie ja nie jung waren und sowas unter eigener Würde ist, ernsthaft und lauthals über die Verbannung der Megaseller aus ihren Hitparaden nachdenken.
Ab 14.10. werden jedenfalls trotzdem allerorten die Buchläden gestürmt, der Feuerkelch startet in sagenhafter Millionenauflage.
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Dringend Zeit also, schnell noch ein paar eigentlich überflüssige Worte über die Teile 1 – 3 zu verlieren. Vor hatte ich das nicht, doch ein Blick in die überall sichtbaren mehrseitigen Lobeshymnen läßt auch unsereinen grübeln und wenn da noch ein Rezensionsangebot für Hörbücher der Bände 1 und 2 ins Haus flattert ,ist irgendwann der ignorierende Bann gebrochen.
potter3.jpg Bücher sind, so man kann, immer noch zum lesen da und genau diese Argumentation überzeugte Frau Berger vom Carlsen –Verlag, mir trotz längst versiegtem Promokontingents alle 3 Potterwerke zuzusenden. Heute bin ich ihr dankbar dafür, denn für etliche Stunden mal von den heute viel zu oft präsentierten Serienmördern, Kinderschändern und Anwälten abschalten zu können, ist auch was Feines.
Wahrscheinlich liegt genau im Gebrauch und der Wiedererweckung der überall längst verloren geglaubten Phantasie der Erfolg der noch recht kurzen Reihe bei Erwachsenen, denn Potter lesen beileibe nicht nur Eltern ihren Kindern vor.

Tatsache ist, dass Erfolg eben unendlich neugierig macht. Die Storys und vielfältigen Ideen machen Laune und sind so auch nicht ganz unschuldig an dem unglaublichen Ballyhoo.

Da fliegen statt Brieftauben eben halt Eulen zur Nachrichtenübermittlung, lesen Katzen Strassenkarten und wer trotz des Presserummels bis heute nicht weiss, wer oder was zum Teufel ein Muggel ist, gönnt sich eine Bildungslücke, die momentan nicht mal die örtliche Volkshochschule füllen kann.
"Du weißt schon wer" ist endlich verschwunden, hat zwar Vater und Mutter, aber nicht den jungen Harry töten können und deshalb angeblich seine Macht verloren. Der Waise samt markanter Blitznarbe als Erinnerung an diesen mörderischen Tag findet sich abgelegt bei seinen letzten Verwandten vor der Tür wieder. Das sind die unmöglichen Dursleys, deren Junior Dudley, sozusagen ein Schwein mit Perücke, Harry als Lieblingsopfer für seine Gemeinheiten auserkoren hat. Ständig lassen sie ihn schuldlos im spinnenbevölkerten dunklen Schrank unter der Treppe brummen, kein Wunder, das sich schnell Solidaritätsgefühle mit dem Gequälten einstellen.
Doch bald naht Rettung in Form einer unerwarteten Berufung zur Zauberschule. Magische Kräfte soll der Knabe haben, denn schließlich überlebte er den Angriff des Bösen.
Nun tauchen sie auf, die seltsamen Gestalten, zur Anreicherung der Phantasie.
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Hagrid, der Hüter der Schlüssel, Peeves, ein grinsender Schulpoltergeist, der fast kopflose Nick, er feiert seinen 500sten Todestag, wichtig auch der sprechende Hut neben Dobby, der Hauselfe.
Der Fluch der Popel ist zu lernen und Aufmerksamkeit gebührt Madame Hooch, Ausbilderin an fliegenden Besenstielen. Mannschaftssport in luftiger Höhe wird genau so getrieben wie gute Freunde mit Hermine und Ron gefunden werden, allerorten lauern allerdings auch die gemeinen Anhänger von "Du weißt schon wer".
Damit kann's losgehen im unvermeidlichen und immer wieder spannenden Kampf zwischen Gut und Böse , über die eigentlichen Abenteuer sei lieber nichts verraten.

Hoffen wir, das gerade im Jugendbereich Freund Harry eine Initialzündung bewirkt, mal wöchentlich eine Stunde weg vom Computer und zurück zu den Buchwurzeln, schön wär's.
Unsere Redaktion wartet jedenfalls mit Spannung auf Band 4, mindestens 90 % aller Interessierten werden wir allerdings an den Buchhandel überweisen müssen, denn den Andrang hält das stärkste Rezensionsexemplar nicht aus.
Als Nächstes folgt dann, logischerweise ruft Hollywood, die Filmpremiere des Steins der Weisen im Herbst 2001.
Dann dürfen auch die Ohren mit ins Kino, womit noch immer nichts gegen Hörbücher gesagt ist, auch die sind, bei Sehschädigungen versteht sich, äußerst sinnvoll.

- und der Stein der Weisen, 335 Seiten,
- und die Kammer des Schreckens, 352 Seiten
- und der Gefangene von Askaban, 448 Seiten

alle : Carlsen Verlag
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