Schnipsel

Sabine Scholz (Hrsg.) - "Resümee eines Jahres"

Eine Besprechung von Werner Friebel


Interessant an dieser Anthologie ist, dass sie nicht wie viele andere eine lose, unzusammenhängende Textsammlung bietet, sondern unter dem Leitmotiv "Begegnungen zwischen Literatur & Philosophie" geneigten Lesern ein weites Assotiationsfeld zu existenziellen Selbstreflexionen öffnet.
Zwar ist im Klappentext des Buches von einer "Nebeneinanderstellung von Philosophie und Literatur" die Rede, doch beim Lesen erfährt man das ineinander Verwobene, die gegenseitige Bedingtheit bei diesen anspruchsvollen, aber angenehm lesbaren Prosatexten.
Ursprünglich wurden die Texte als Beiträge zum "Stirner-Forum" im Internet veröffentlicht. Dort scheint ja auch der ideale Nährboden für kreative, provokante Literatur zu sein, die oft, wie in vorliegendem Fall, auch Wirkung im traditionellen Format hat.
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Als der zentrale Text erscheint mir "Ver-Rückte Gedanken" von Gerard Gale, tagebuchartige Reflexionen eines Unangepassten, die an die dialektische Sprachphilosophie Heideggers anknüpfen in der Suche nach dem Ausdruck für das Unaussprechliche.
Auch die Texte der anderen AutorInnen Karl Reichert, Litt Leweir, Kim, Ibrahim Türkdogan, Kurt W. Fleming und Sabine Scholz durchfurchen intelligent das Befindlichkeits-Quadrat "Chaos-Flucht-Reflexion-Ordnung", ohne moralische Wertungen und endgültige Antwortversuche.
Und gerade weil die Texte formal und inhaltlich offen bleiben, kann man sich als Leser gut vorstellen, an jeder beliebigen Stelle einzusteigen und weiterzuschreiben...

Verlag Max-Stirner-Archiv Leipzig, 74 S.

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