Der rote Sessel
Fest und ruhig
Steht er im Raum,
Samten glänzt sein Stoff
Als würde Wein
In Gläsern schweben.
Sonnenfunken tummeln sich
Wie wildgewordne Tropfen
Siedend tollen Blutes
Auf reinlich glattpolierten Lehnen.
Er ist ein Stück aus alter Zeit,
Relikt versunkener Epochen,
Zeuge längst gespielter Dramen.
In seiner Weichheit
Lasen Denker
Staubumflorte Bücherberge,
Weinten Dichter
Sinnlos leise Liebestränen.
Rabenschwarze Fliegen schwirrten
Um den wohlgeformten Rücken,
Und Bienen kotzten Honig
Beim Anblick menschlichen Versagens.
Zuweilen ward er auch gerückt;
Zum Fenster hin,
Den Ausblick auf die Welt erweitern,
Um trüben Schatten zu entgehen.
Ja, und Du hast einst hier stets gesessen,
Erbebtest in des Lebens Rausch.
Mit Beinen breit wie Adlerschwingen,
Die Füßchen himmelwärts gerichtet,
Verzückt, durchtost von Wonnestürmen
Wühltest in den Sessel Du
Dein lustverzehrtes Angesicht.
Ein neblig runder Flecken noch
Spricht Bände Deiner Raserei,
Das unausweichlich letzte Zeichen
Einer ausgetilgten Zeit.
© Mick Zoch (Braunschweig, 1999)
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