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Schnipsel

Hallo mein unbekannter und doch naher Freund,

ja, ich kenne das, eine Fassade zu tragen, die schwer lastet, die man abzuschütteln versucht, und die doch wie die eigene Haut ist, die sich nicht entfernen lässt!

Deine Worte schmerzten mir, da sie ebenso gut die meinen sein könnten.

Denn ich trage zwar nicht die Normalität auf meinem Gesicht, sondern die Maske des "Unberührbar-Seins".

Wenn morgens meine Augen den Spiegel streifen und ich in meine mir klaren und so sehr vertrauten Züge blicke, so weiß ich, „das bin Ich und wiederum ist es das scheinbar von der WELT GELANGWEILTE, VERSTOßENE Mädchen", das mich traurig anblickt, mit ihren großen, in jenem Moment, leeren Augen.

Doch sobald ich wieder zu Hause, ich die Tür hinter mir zu geschlagen habe, so verschwindet die Leere, die "Langeweile", all das was mich nach Außen immer so unberührbar, vielleicht auch geheimnisvoll macht, das wiederum so schwer lastet, dieses Verschlossene, Einsame und doch von allen geliebt, bestaunt, beneidet, begafft, respektiert, geachtet, verstoßen, alleine gelassen und zu guter letzt gefürchtet!

Ich möchte einmal nicht mit verschlossenen Augen die Menschen anlächeln, möchte einfach aus dem Bauch heraus sie anlachen, so wie ich es kann, wenn ich alleine bin, doch ich bin zu fest gefahren, in dem Netz der Fassaden, verfangen, scheinbar ohne Ausweg.

Mein Leben war zu enttäuschend, zu anders, zu melancholisch, doch was tun?

Weiter in meiner Fassade versinken, sie noch perfekter machen?

Nein, das kann und darf ich nicht, ich muss raus, ich ersticke.

Nur wohin, wenn ich denn nun aus meinem goldenen Käfig gekrochen bin, nackt und voll von Angst da stehe, unter all den maskierten, von der Norm verformten Menschen, die mich mit ihren verschlossenen Blicken betrachten, mich nieder blicken!

Ich bin Rand voll Angst, auch mit der Fassade, nicht das Ich, doch, ich habe schreckliche Angst vor meiner Selbst.

Ich bin nicht leer, nur mein Lächeln ist leer, in mir tobt und philosophiert und denkt und redet und schreit und fliegt und weint und wimmert und lacht und hüpft und klammert und krallt und fällt mein Ich zu Boden.

 

Deine Laura
(28.5.2000)


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