Liebster Freund,
immer wenn ich mit dem Schreiben einer Mail an dich beginne, weiß ich nicht,
wie jene enden wird. Denn ich schreibe mit einem freien Kopf, in welchem ich schon
längst die Hürden der Gesellschaft überwunden habe.
Es ist mir dann immer, als führen mich meine Finger in ein ungewisses Irgendwo,
das zwischen zeitlos und "längst vergangen" liegt, dort wo Tränen über
den Rand des Horizontes hinaus fallen, hinaus geweint werden, wo sie ins Nichts fallen
und doch nicht vergessen werden.
Ich möchte, dass du weißt, wie es in meinem Kopf aussieht, wie ich in der
Nacht schwarz-weiß träume, wie ich im Verborgenen tanze, in meinem Zimmer,
doch in Gedanken an einem langen weißen Strand, dessen Sand nicht aus Körnern
sondern aus Scherben besteht.
Ich möchte, dass du weißt, wie ich manchmal in meinem Bett liege und
schwarze Tränen vor Furcht weine, wie ich mich Rand voll Angst am liebsten dem
Tode hingäbe.
Ich möchte, dass du weißt, wie schwierig mein Leben war, oder manchmal
ist, wie ich so oft aussichtslos mit der Grauen-Menge mitlief und mir doch mein Verrat
bewusst war.
Ich möchte, dass du weißt, wie lange ich nicht mehr geweint habe, wie oft
ich mich nach Tränen sehnte, welche doch nie kamen.
Ich möchte, dass du weißt, wie ich mich dann an mein Fenster stellte,
wenn es regnete, damit es von draußen so aussähe, als weine ich.
Ich möchte, dass du weißt, wie oft ich mich nach bedingungsloser Liebe sehnte,
welche mir doch zu oft in meinem Leben meinen Stolz raubte, mein Vertrauen in mein "Ich".
Ich möchte, dass du weißt, wie glücklich ich schon mal an manchen
Tagen war, nur für einen Moment, einen Bruchteil einer Sekunde, wie dann ein
erleichtertes Lächeln über meine früher so bitteren Züge glitt.
Ich möchte, dass du weißt, wer ich bin!
© Laura Rumich (4.9.2000)
Aus Laura's Tagebuch
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