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Schnipsel

Fieber-Traum

Wer warst du? Deine träumenden Lippen auf meinen, so ließt du mich in meinem fiebrigen Traum spüren, dass ich am Leben bin. Es war in der Morgendämmerung, in einem grauen Flur, als Traum und Traum verschmolzen. Doch nun lässt du mich hier in der Hitze meines Zimmers allein, bist fort, oder ich bin fort.
Doch noch immer spüre ich diesen kindlich zögernden Druck; mir ist, als habe mich das Leben geküsst. Noch immer habe ich die Lippen leicht geöffnet, warte, ob es noch einmal geschieht, warte auf deinen verlangenden Atem, der wie frischer Morgentau auf meiner Haut zu glänzen scheint.

Doch da ist nichts, ich liege schweißgebadet in der Wirklichkeit. Aber die Bilder, deine klaren und mir so sehr vertrauten Züge hängen noch immer in dieser schwülen aufgedunsenen Luft wie schillernde Seifenblasen. Das Glänzen deiner schüchternen Augen, deine leicht nach unten gezogenen Mundwinkel, diese Lippen, die wie Schwingen des Unglücks mein Herz beflügeln. Ein leises kaum merkliches Lächeln huscht über dein trauriges Gesicht, zaubert Grübchen und ein Kräuseln auf Lippen und Nase. Wie schön du bist, wenn deine Lippen sich kräuseln wie Seidenpapier. Die Morgendämmerung zeichnet dir einen Ausdruck von Wehleidigkeit in dein lächelndes Gesicht. Deine rußschwarzen Wimpern rahmen deine Augen, und graue Schatten zieren deinen Körper, geben ihm ein undurchsichtiges Muster der Unkenntlichkeit, das auf deiner Haut liegt wie das Netz der Zurückhaltung, in dem sich die Vergänglichkeit verfangen hat, doch sich nicht zu befreien versucht.

Und so stehst du vor mir, das Leben gefangen in dem, was einmal war, und ich weiß. Dass es auf immer ist. Dass dieses Bild, hinter dem sich die Aufruhr meines Herzens verbirgt, nun festgehalten ist, und ich es nie mehr vergessen werde. Denn du bist der Schatten einer winzig schillernden Seifenblase, die immer in der Schwebe verweilen wird, da sie zur Unvergesslichkeit verdonnert; und darum ist es nicht wichtig, was ist, sondern was war, in jener vom Fieber trüben Nacht, die von der Morgendämmerung fast verschlungen, nun hinter mir liegt. Denn ich liebte dich.

29.2.2000 von Laura Rumich im Fieber geschrieben, im Fieber geliebt


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