Schnipsel

Literaturzeitschrift "KONTRO-VERS"

gelesen von Werner Friebel

Viele der etablierten, auch der alternativen Literaturmagazine der 70er bis 90er Jahre sind mittlerweile eingestellt worden, erscheinen nur noch sporadisch oder knabbern als teilweise ungepflegte Abklatsche besserer Zeiten am Gnadenbrot im Netz.
Kein Wunder, denn ein anspruchsvolles und ansprechendes Printmagazin kostet viel Engagement und einiges an Kleingeld; da heißt es Sponsoren betüteln, Druckereiangebote einholen, Vertriebswege schaufeln, auch so manche grottige Textbewerbungen lesen müssen, redaktionsinternen Interpretationspluralismus befrieden und strapazierfähige Nerven haben.
All das ist einem jungen literaturbegeisterten Studententrio aus Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Literaturoffensive Rheinland-Pfalz nun mit der Erstausgabe der kostenlosen Zeitschrift "KONTRO-VERS" zum Thema "Vergessen" aber ganz gut gelungen, denn sowohl optische Aufmachung als auch inhaltliche Zusammenstellung zeugen von Enthusiasmus und Sorgfalt.
So präsentiert das 40-seitige Heft im Hochglanzdruck und Farbumschlag eine vielfältige Auswahl an zeitgenössischer Kurzprosa und Lyrik von 30 Autorinnen und Autoren aus Deutschland und Österreich, die auch kurz vorgestellt werden. Etliche haben nicht nur in Anthologien reüssiert, sondern können auch schon auf 'seriöse' Buchveröffentlichungen verweisen, sind also keine gänzlich Unbekannten mehr. Ich mag da jetzt 'der Gerechtigkeit halber' nichts Einzelnes herausgreifen, nur soviel sei verraten, dass doch einige der Texte des mehrmaligen Lesens wert sind, ja sogar manch eine Perle dabei, aber wie immer bei solchen Projekten sind auch ein paar reingerutscht, deren gutgemeintes Bemühen eher den Anfang eines Schreibweges markiert.

     

Aber in toto finde ich erfreulich, dass nie der Eindruck entsteht, man unterwerfe sich bei dem Projekt dem pseudoelitären Duktus der Avantgarde-Huberei oder wolle nur einen weiteren überflüssigen Tummelplatz für die unterkomplexe Semantik von Popliteratur und Hausfrauenlyrik bieten.
Zu dem angenehmen Gesamteindruck tragen auch die assoziationsanreichernden s/w-Graphiken und Fotos bei, die auf jeder Seite ein auch optisch eigenständiges Flair vermitteln.
Die komplette "KONTRO-VERS" gibts auf der Webseite zwar auch als kostenlosen PDF-Download (18 MB), wer aber das Gewicht der Worte im haptischen Erleben schätzt, möge sie dort doch einfach kostenlos (per Rückumschlag) bestellen. Für Sammler zeitgenössischer Literatur eh klar.

Literaturmagazin “KONTRO-VERS”
Heft 01/08, 40 Seiten A4 Hochglanzdruck

Bestellmöglichkeit

© Werner Friebel 2008


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