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Schnipsel

Geraubte Seele

Ja du, genau du, du sprichst zu meiner Seele, gibst ihr das Gefühl von Verständnis, doch nun lässt du sie nicht mehr fliegen, nicht mehr ihre eigenen Wege gehen. Warum?

Dein Bann ist stark und das weißt du zu nutzen; ich flehe dich an, nimm nicht auch noch die meine Seele in dies Reich, dein Reich der gefangenen Seelen. Ich sehe und fühle diese Hölle, die du hütest, all die gequälten Leiber und all die offenbarten Gedanken, die du verschlepptest! Sie strecken ihre Arme nach allem aus, schreien wehleidig, oh mein Gott, es ist so dunkel und trotz der Schreie und des Jammerns, das durch Mark und Bein geht, ist es still, sehr still, unerträglich still.

Angst, die mich plagt, hast du auch bei mir erreicht, was du erreichen wolltest, lass mich los, lass mich gehen. Ich möchte nicht enden in diesem Reich der toten Sinne, ich will leben! Doch ich spüre diese unablässige Macht, die mein Herz zu beschatten scheint. Sei nicht so grausam, so grausam auf eine liebevolle Weise. Ich möchte dir entrinnen, möchte fliehen, aber du hast kein Erbarmen, lässt mich auf eine zärtliche Art leiden, ja leiden ohne Erbarmen. Mein Wille nach Leben schwindet, ist nun so vergänglich wie frischer Morgentau.

Meine Seele steigt einen kurzen Moment auf, breitet ihre Schwingen aus, ich spüre den zarten Hauch dieser schweren Schwingen, doch mit Schrecken seh ich, wie sich nun meine Seele vor Schmerz windet, wie sie taumelnd und nun auf immer in bodenlose Tiefen stürzt. In diesem Moment weiß ich, dass ab nun mein ein und alles geschunden und gefoltert wird, oh wehe mir, nun bin ich seelenlos.

25.9.1999 von Laura


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