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Geoutet: Heino ist ein Vampir!
Eine Betrachtung von Hermann Bauer
Christopher Lee, der König der Blutsauger, kniet, in einen schwarzen
Umhang gehüllt, vor einer bildhübschen Blondine. Er öffnet
seinen
schaurig-charmanten Mund, und mit gierigen Augen stößt er
seinem Opfer seine langen Eckzähne in den Hals...
Mir reicht es endgültig! Verärgert schalte ich das Fernsehgerät
aus. Mir kommen diese verlogenen Vampirschinken vor wie diese rührseligen
Rühmann-, Ganghofer- oder Luis-Trenker-Heimatschnulzen. Die Wirklichkeit
sieht eben anders aus! Ich weiß, was ich sage, denn ich bin selbst
ein Vampir.
Es ist ein gewaltiger Irrtum, wenn man meint, Vampire an den großen
Eckzähnen zu erkennen. Jeder Zahnarzt kann heute dieses Problem schnell
lösen. Leider zahlen die Krankenkassen die Kosten dafür nicht.
Eigentlich ein Skandal.
Mit der Knoblauch-Allergie ist es nicht so schlimm, wie manch einer
annimmt. Die Pharmaindustrie hat sich längst auf die Probleme der
Vampire
eingestellt. Vampire lassen sich auch schon lange nicht mehr von einem
Kruzifix vertreiben. Ich kenne sogar Bischöfe, die nachweislich Vampire
sind. Mit anderen Worten: Vampire sind gegen Knoblauch und Kreuze immun.
Viele wissen nicht, daß ungefähr acht bis zehn Prozent unserer
Bevölkerung Vampire sind. Ich möchte keinen Vampir outen ? aber
es weiß
ohnehin schon jeder: Heino ist ein Vampir. Tagsüber tarnt er die
Tageslichtüberempfindlichkeit seiner Augen mit einer dunklen Sonnenbrille,
was beweist, daß Vampire auch am Tag durchaus nicht in ihrem
Sarg schlafen müssen.
Ist Ihnen bei Heino noch nicht aufgefallen, daß der Kerl nie
älter wird? Das ist die positive Seite, ein Vampir sein zu dürfen.
Die negative Seite:
Der Freundeskreis stirbt weg wie die Fliegen.
Und nun zum Thema Blut: Von mir und auch von anderen Vampiren wird
in der heutigen Zeit kein Mensch mehr gebissen, schon wegen der
Angst vor Aids. Bei den ganz wenigen Fällen, die immer noch vorkommen,
handelt es sich um Psychopathen. Die Blutbeschaffung geht
einfacher. Es dürfte sich herumgesprochen haben, daß Blutkonserven
nur begrenzt haltbar sind. Die Krankenhäuser verkaufen kurz vor Ablauf
der Gültigkeitsdauer zu Sonderpreisen ihr konserviertes Blut.
Der Preis ist nicht höher als für einen Apfelsaft. Teurer sind
lediglich seltene
Blutgruppen, die durchaus den Preis eines Champagners haben können.
Aber man gönnt sich ja auch mal einen guten Tropfen!
Es gibt auch Gefahren für Vampire, zum Beispiel, wenn einem ein
Holzpfahl in die Brust gestoßen wird, was immer zum Tode führt.
Mit
Entsetzen stelle ich fest, daß Neonazis seit neuestem auch Holzpfähle
mitführen. Das jagt einem schon Angst ein.
Schockiert hat mich vor kurzem, als ich in der Zeitung den Beschluß
des Deutschen Bundesverfassungsgerichts (BVG) las, in dem es heißt:
"Die Darstellung von Gewalt gegen menschenähnliche Wesen in einem Horrorfilm
verstößt nicht gegen die grundsätzlich geschützte
Menschenwürde." Das BVG betonte, daß der Gesetzgeber die
Darstellung von Gewalt gegen menschenähnliche Wesen wie Vampire nicht
unter
Strafe stelle. Die Menschenwürde werde erst verletzt, wenn beim
Betrachter eine Einstellung erzeugt werde, die den "jedem Menschen
zukommenden fundamentalen Wertanspruch" leugne. (Az: 1 BvR 698/89)
Viele fordern es ? ich halte jedoch wenig von einem "Coming-out." Die
Zeit ist einfach noch nicht reif genug. Ich biete aber gerne Autoren,
Journalisten und Vampirologen in Zeitung, Rundfunk, Film und Fernsehen
meine Mitarbeit an, um das Bild des "Grusel-Grafen aus
Transsylvanien" und des "Beißers und Fürsten der Finsternis"
zu korrigieren.
© Hermann Bauer
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